Bericht von der Herbstkonferenz OKG 2019

Liebe Kolleg*innen –

Am 26. Und 27. Oktober fand unsere zweite OKG-Arbeitskonferenz statt. Diejenigen von euch, die dabei gewesen sind, haben sie zu einem Ort gemacht, an dem wir gemeinsam beraten konnten, wie wir eine kämpferische und demokratische Gewerkschaftsbewegung neu aufbauen können. Wir danken euch dafür!

Wir finden: Die Anstrengungen haben sich gelohnt. Wir sind zwar platt wie ein Butterbrot, aber wir sind mindestens genauso angestachelt. Die Workshops und die vielen Gespräche, die Podien, die gemeinsamen Diskussionen und auch unser Filmabend, an dem wir den atemberaubenden Film „Luft zum Atmen“ (Regie Johanna Schellhagen) über die Gruppe Gegenwehr ohne Grenzen bei Opel geschaut haben, geben uns Rückenwind für das nächste Jahr.

 

Blitzlichter der Konferenz

Um nur einige Schlaglichter zu setzen: Mit über 80 Kolleg*innen haben wir z.B. darüber beraten, wie wir durch offensive Betriebsratsarbeit Ausgliederungen unterlaufen können; was eine angemessene Antwort im Betrieb auf Formen der indirekten Steuerung und Kontrolle sind, durch die Unternehmen an „das Gold in unseren Köpfen“ kommen wollen; ob und wie wir heute für eine Verkürzung der Arbeitszeit streiten sollten; wie Hauptamtliche Gewerkschafer*innen eine dienliche Rolle dabei spielen können, unsere Bewegung von unten nach oben neu aufzubauen.

Kollegen von Amazon haben z. B. berichtet, wie es ihnen gelungen ist, mehr Schwung in die recht statische Streikstrategie von ver.di zu bringen, indem sie sich als betrieblich Aktive beharrlich „eingemischt“ haben – nicht ohne Reibungen mit alten Routinen. Das Ergebnis: die Streikplanung liegt jetzt viel unmittelbarer als vorher in ihren eigenen Händen. Wir haben auch darüber gesprochen, welche Formen Union Busting in unseren Betrieben annimmt und wie wir uns dagegen wehren können; unter welchen Bedingungen im Bildungs- und Erziehungssektor gearbeitet wird und wie dort erfolgreich gekämpft werden kann. Wir haben von den drückenden Arbeitsbedingungen in der Assistenz gehört und erfahren, aber auch, wie Aktive sich dort versuchen gewerkschaftlich durchzusetzen. Ein Aktiver der GEW-Berlin hat uns von einer beeindruckenden Entlastungskampagne erzählt und Aktive von „Uni Kassel unbefristet“ haben dargestellt, wie sie versuchen den fast vollständig prekarisierten Mittelbau an ihrer Hochschule zu organisieren, um Entfristungen von der Unileitung zu erzwingen.

Außerdem haben wir kontrovers, solidarisch und aus unterschiedlichen Blickwinkeln über die Wiedereingliederung der Delivery GmbHs in die Deutsche Post diskutiert. Wir konnten aus der Sicht aus verschiedenen Orten auf die Kämpfe in der Pflege blicken, haben darüber geredet, welche Hürden genommen wurden und welche noch zu nehmen sind.

Im Workshop, in dem wir uns über Kämpfe bei Ryainair und dem Essenslieferant Deliveroo ausgetauscht haben, beeindruckten uns die vielen verschiedenen kreativen Wege, durch die selbst bei stark auseinandergerissenen Belegschaften der persönliche Kontakt und das Vertrauensverhältnis zwischen den Kolleg*innen gestärkt wurden.

Nicht zuletzt haben wir beraten, wie wir dem wachsenden Einfluss von Rechten im Betrieb begegnen können. „Durch gute Betriebsratsarbeit!“ Diese auf den ersten Blick simple Antwort gab ein aktiver Vertrauensmann im Daimler-Werk Untertürkheim. Dort hatte die rechtsradikale Gruppe „Zentrum Automobil“ bei den letzten Betriebsratswahlen 13,2 Prozent der Stimmen bekommen. Seine Analyse: Das Zentrum hat die größten Erfolge in den Abteilungen, in denen die IG Metall nicht präsent ist und sich IG Metall-Betriebsräte lieber mit dem Management unterhalten als mit den Kolleginnen und Kollegen. Doch dort, wo Metaller präsent sind, sich um die Probleme der Kolleginnen und Kollegen kümmern, schneiden die Rechten messbar schlechter ab.

Kurz: viele Beispiele haben gezeigt, dass auch unter den schwierigsten Bedingungen Macht für die Beschäftigten aufgebaut werden kann. Wir finden: Wir sollten mehr voneinander darüber lernen!

 

Gemeinsam stärker werden!

Euch allen, die ihr dieses mal dabei gewesen seid, wollen wir sagen: Danke, dass ihr die Konferenz wirklich zu dem gemacht habt, was wir uns erhofft haben – zu einem Ort für Unruhestifter in den Betrieben, für Unterstützer*innen und Aktive, für Hauptamtliche, die die Gewerkschaft mit von unten als soziale Bewegung aufbauen wollen. Wir hoffen, dass die Konferenz euch bei der Vernetzung genutzt hat, dass ihr Anregungen gewonnen habt und Kraft und Mut für den betrieblichen Alltag tanken konntet.

Also: Wir sind mit der Konferenz sehr zufrieden. Natürlich gibt es einiges zu verbessern. Drei uns besonders wichtige Punkte betreffen die Zusammensetzung der Konferenz: Zu wenige Frauen haben unsere Konferenz genutzt, zu wenige Kolleg*innen mit Migrationshintergrund waren da und deutlich mehr Menschen aus Dienstleistungs-, denn aus Industriebetrieben haben sich mit uns ausgetauscht. Auf unserem Samstagabendpodium sprachen z.B. keine Frauen. Das sollte natürlich nicht so sein.

Damit wir unsere Bewegung besser und schneller wieder aufbauen können – und das ist bitter nötig – müssen wir enger zusammenarbeiten. Sprecht uns an, wenn ihr bei euch vor Ort mit uns Workshops machen möchtet, zum Beispiel zum ABC des demokratischen und nachhaltigen Organizings. Kommt auf uns zu, wenn ihr mit uns enger zusammenarbeiten wollt oder uns einfach nur auf wichtige Kämpfe und Erfahrungen hinweisen wollt, die in Betrieben gesammelt werden. Lasst uns gemeinsam stärker werden, lasst uns zusammen: organisieren – kämpfen – gewinnen!

 

Labournet TV hat während der Tagung gefilmt und Teilnehmer*innen interviewt. Eine Gesamtschau findet sich hier

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