Labor Notes 2018. Hoffnung trotz Trump

 

Bericht von der Konferenz in Chicago Anfang April 2018

Die USA gelten nicht gerade als Epizentrum der Gewerkschaftsbewegung. 6,5 Prozent der Beschäftigten in der Privatwirtschaft und gerade noch 34,4 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind Gewerkschaftsmitglied. Donald Trump und seine Republikaner stehen für einen strammen antigewerkschaftlichen Kurs.

Demgegenüber vermittelte die diesjährige Labor Notes-Konferenz regelrechte Aufbruchsstimmung. Vom 6. bis 8. April fanden rund 3.000 Gewerkschaftsaktive, Organizer/-innen und politische Aktivisten aus 24 Ländern den Weg nach Chicago, um Erfahrungen zum Aufbau gewerkschaftlicher Gegenmacht auszutauschen. 2018 war nicht nur die größte Konferenz in der Geschichte des Projektes, es war zugleich die jüngste und inhaltlich vielfältigste.

Trumps reaktionäre Ausfälle provozieren Widerstand – beispielsweise in Form der ‚Black Lives Matter‘-Bewegung, Kritik an sexueller Belästigungen oder der ‚Poor People’s Campaign‘. Bernie Sanders Präsidentschaftskampagne machte sozialistische Positionen in den USA wieder hoffähig und inspirierte viele junge Amerikaner/-innen. Diese Entwicklungen prägten auch die Labor Notes Konferenz. Auf ihr findet all‘ das zusammen, vereint als vitales Mosaik der amerikanischen Arbeiterbewegung. In über 150 Workshops und diversen Podiumsdiskussionen wurde sich beispielsweise über gewerkschaftliche Kämpfe für mehr Personal in Krankenhäusern ausgetauscht, von erfolgreichen Kämpfen wie den wilden Massenstreiks der Lehrer/-innen aus West Virginia gelernt. Es wurden konkrete Methoden gegen Union Busting und sexuelle Belästigung am Arbeitskampf vermittelt oder sich auf Branchentreffen und in persönlichen Gesprächen vernetzt. Das Programm reichte von praktischen Grundlagen auf der Basis des Handbuches „Geheimnisse einer erfolgreichen Organizerin“; über Wege, wie man als Gewerkschafter/-in die Demokratisierung der eigenen Gewerkschaft voranbringen kann; bis hin zur Diskussionen zur Frage, was Sozialismus ist. Labor Notes-Aktivist Mark Brenner ist sich sicher, dass es nicht zuletzt diese Mischung aus praktischen Details  und „the big picture“ ist, welche die Labor Notes Konferenz so einzigartig wie beliebt macht.

Genau das ist nötiger denn je. Viele zog die Sorge über den Ausgang im Fall „Janus vs. AFSCME“ auf die Konferenz. AFSCME (American Federation of State, County and Municipal Employees) ist die größte US-Gewerkschaft des ÖD (1,3 Mio. Mitglieder) und Mark Janus ist ein Angestellter im öffentlichten Dienst des Bundestaates Illinois, der sich gegen den Zwangsbeitrag an die Gewerkschaft gerichtlich zu Wehr setzt und damit gegen das Closed-Shop-Prinzip kämpft. Sollte das Gericht für Mark Janus und gegen AFSCME entscheiden, würde die letzte Bastion gewerkschaftlicher Stärke in den USA geschliffen. Beschäftigte des öffentlichen Dienstes müssten nicht mehr zwangsweise Beiträge an Gewerkschaften zahlen, auch wenn die Mehrheit in einem Betrieb sich gewerkschaftlich organisiert. Es wäre das Ende des sogenannten closed shop-Prinzips im öffentlichen Dienst. Wie unter diesen Umständen Menschen für die Gewerkschaftsarbeit begeistert und Gegenmacht aufgebaut werden kann, war eines der wichtigen Themen der Konferenz. Passend dazu trug sie den Untertitel: „Organizing in open-shop America“.

Das Motto dazu lieferte Al Russo, Gewerkschafter beim Telekommunikationsgiganten Verizon. Er berichtet wie es dort mittels zahlreichen Aktionen gelang Kürzungsplänen und Outsourcing-Plänen zu widersprechen und stattdessen u. a. Lohnsteigerungen durchzusetzen. Das war Ergebnis demokratischer Strukturen und ausdauernder Konfliktbereitschaft bis hin zu massenhaften Streiks und kreativen Aktionen. So wurde die „Offene Tür-Politik“ des Managements mit der Aktion „Call the Boss for everything“ konterkariert und der Arbeitsbetrieb verlangsamt. Seine packende Schilderung beendet er mit dem Ausruf: „When we fight – we win!“ Die tausenden Zuhörer hielt es nicht auf den Sitzen und der große Ballsaal des Hyatt Hotels war erfüllt von diesem Schlachtruf: „When we fight – WE WIN!“ Das war nicht das einzige Mal in diesen drei Tagen, an dem das Publikum aufsprang und lautstark skandierte. Eine Lehrerin aus West Virgina riss das Auditorium mit: „When we don‘t get it!? SHUT – IT – DOWN!“

Diese bewegende Stimmung – auch das macht die Labor Notes-Konferenz so einzigartig. „Sie bringt die motiviertesten Menschen zusammen“, erklärt der Mitorganisator Dan DiMaggio. Damit kreierte Labor Notes auch 2018 wieder einen Raum, in denen die kämpferischen Teile der Arbeiter/-innen- und Gewerkschaftsbewegung sich gegenseitig verstärken können. Gefragt nach ihrem Konferenz-Highlight berichtete die Krankenpflegerin Mary aus New York, dass die Stimmung auf der Konferenz ihre Batterien wieder aufgeladen haben. Auch mehr und mehr Funktionäre wie der Organizer Patrick Weisansal von den Communication Workers of America besuchten die Konferenz, um sich – wie er sagte ­– aufzutanken und die eigene Gewerkschaftsarbeit neu zu beleben. Die Konferenz schloss entsprechend emotional: Tausende standen im Ballsaal, an den Händen gefasst und sangen gemeinsam: „Solidartiy forever, `cause the union makes us strong!“

Es gibt noch Hoffnung in Zeiten von Trump und Co.

 

 

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